Spiezer Tagung ’12
Burgenbau, Rittertum und Minnesang im
13. und 14. Jahrhundert
Das Adelsgeschlecht der Freiherren von Strättligen in herrschaftspolitischer und kulturgeschichtlicher Perspektive
Dienstag, 19. Juni und Mittwoch, 20. Juni 2012
Veranstaltungsort: ABZ (Ausbildungszentrum für die Schweizer Fleischwirtschaft), Schachenstrasse 43, CH-3700 Spiez
Auch die Spiezer Tagung ’12 steht in engem Zusammenhang mit der Erneuerung der Dauerausstellung im Schloss Spiez. Anlässlich der Eröffnung des Ausstellungsteils zu den Freiherren von Strättligen, thematisiert die Spiezer Tagung ’12 Geschichte und Bedeutung dieses Adelsgeschlecht. Dessen Geschichte widerspiegelt einerseits exemplarisch zentrale politische, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklungen des Hochmittelalters, andererseits ist sie aufs engste mit Spiez verbunden. Die Freiherren von Strättligen besassen neben ihrem Stammsitz, der Burg Strättligen, auch die Burg von Spiez. Quellen über diese ersten nachgewiesenen Besitzer sind jedoch spärlich und noch wenig untersucht.
Die erste Tagungssektion versucht, das Adelsgeschlecht von Strättligen nach prosopographischen Gesichtspunkten besser zu fassen. Das Beziehungsnetz, insbesondere die Lehensbeziehungen zu den Zähringern oder gar Staufern dürften hierin von speziellem Interesse sein. Vergleiche mit anderen hochmittelalterlichen Adelsgeschlechtern ermöglichen eine Einordnung der Freiherren von Strättligen in die hochmittelalterliche Adelslandschaft. Neben Fragen nach dem sozialen Netzwerk der Strättliger, bedürfen aber auch die angewandten Herrschaftsstrategien einer näheren Betrachtung. Eine Analyse von Machtausbaus, Herrschaftsfestigung und Niedergang – aus finanzieller Not waren die Strättliger 1338 gezwungen, Burg und Herrschaft Spiez verkaufen – drängt sich auf. Es gilt abzuklären, inwieweit dieser Vorgang standesspezifisch und zeittypisch war.
Ein bleibender Ausdruck der Herrschaft der Strättliger in Spiez ist deren Bautätigkeit, im profanen gleichermassen wie im sakralen Bereich. Ein Beitrag aus archäologischer Sicht wird diesen Aspekt beleuchten, wobei das Augenmerk besonders auf die im Bergfried von Spiez noch heute zu bewundernden Graffiti zu richten ist. Repräsentationsbedürfnis und kulturhistorische Aspekte ergänzen in dieser Perspektive die vorgängig gemachten machtpolitischen und sozialhistorischen Betrachtungen.
Ist die dürftige Quellenlage zur Geschichte der Strättliger zeittypisch für das Hochmittelalter, so erstaunt umso mehr, dass Heinrich III. (?) als Minnesänger in der berühmten Liederhandschrift des Codex Manesse in Erscheinung tritt. Dieser Beleg verdient denn auch gebührende Beachtung. Folgerichtig rückt die zweite Tagungssektion den Minnesänger Heinrich, dessen Dichtertätigkeit und die Manessehandschrift ins Zentrum. Der Ansatz ist ein interdisziplinärer, indem aus Sicht der Kunstgeschichte, der Germanistik und der Musikwissenschaft nicht nur der Minnesänger Heinrich von Strättligen und dessen Lieder analysiert, sondern auch dessen Stellung innerhalb der kultur-historischen Begebenheiten seiner Zeit untersucht werden sollen. Bedeutung und Funktion des
Minnesangs, dessen Beziehung zum Rittertum und der höfischen Kultur, Aufführungs- und Vortragspraxis, die Niederschrift der Minnelieder wie auch die kunstvolle Ausschmückung im Codex Manesse, Fragen der Medialität und Beziehungen zwischen gesungenem, geschriebenem und ausgeschmücktem Wort sind Themenschwerpunkte, welche hier zur Sprache kommen sollen.
Ein Ausstellungsbesuch, ein Konzert mit hochmittelalterlicher Musik in der Schlosskirche und eine Podiumsdiskussion runden das Tagungsprogramm.